FAQ – Häufig gestellte Fragen
Nachstehend finden Sie eine Sammlung der am häufigsten gestellten Fragen rund um das Thema Schriftvergleichung und Gutachtenerstellung. Dieser Bereich wird regelmäßig erweitert. Sollte Sie eine Frage haben die hier nicht aufgeführt ist, kontaktieren Sie mich gerne.
Allgemeine Fragen rund um Ablauf, Auftrag und die Gutachtenerstellung
Was ist der Unterscheid zwischen Grafologie und Schriftvergleichung?
Der Grafologe versucht aufgrund der Handschrift Rückschlüsse auf Charaktereigenschaften des Schreibers zu ziehen. Vereinfacht dargestellt will der Grafologe wissen, welche Persönlichkeitsstruktur ein Schreiber hat. Methodik, Wissenschaftlichkeit und der Erkenntnisgewinn dieser Fachrichtung sind jedoch mehr als umstritten.
Den Schriftsachverständige hingegen interessiert lediglich ob eine bestimmte Schreibleistung einem Schreiber zugeordnet werden kann, oder nicht. Die hierfür eingesetzten Methoden und technischen Verfahren sind weltweit wissenschaftlich anerkannt.
Leider werden im deutschen Sprachgebrauch nach wie vor grafologische Gutachten angefragt/beauftragt, wo eigentlich schriftvergleichende Untersuchungen gemeint sind.
Wie beauftrage ich einen Sachverständigen?
In vor- oder außergerichtlichen Fällen erfolgt die Beauftragung wie bei jeder anderen Dienstleistung auch. Sie sollten darauf achten einen Werksvertrag mit dem Sachverständigen abzuschließen, welcher den Arbeitsauftrag und die zu erbringenden Leistungen klar definiert. Üblicher Weise formuliert der Sachverständige diesen Werkvertrag, nachdem der Untersuchungsauftrag mit dem Auftraggeber klar definiert wurde. Er enthält auch klare Angaben über die zu erwartenden Kosten. Sollte ein Sachverständiger die Schließung eines Werksvertrages ablehnen, sollten Sie von einer Beauftragung absehen.
Welche Kosten entstehen für ein schriftvergleichendes Gutachten?
Grundsätzlich richtet sich der Preis für ein Gutachten nach dem zeitlichen Aufwand, der für die Untersuchung aufgebracht werden muss. Dieser zeitliche Aufwand kann je nach Fallkonstellation sehr unterschiedlich ausfallen. Bei Gerichtsgutachten sind Sachverständige grundsätzlich an das JVEG gebunden, welches ich in gleicher Weise für die Preisgestaltung außergerichtlicher Gutachten in Anwendung bringe. Gerne erstelle ich Ihnen für Ihren Fall ein kostenloses und unverbindliches Angebot. Weitere Details finden Sie auf der Seite Kosten.
Können die Kosten für ein Privatgutachten erstattet werden?
In jedem Fall empfiehlt sich jedoch vor der Beauftragung eines Privatgutachtens die Rücksprache mit Ihrem Rechtsanwalt.
Wie lange ist die Bearbeitungsdauer für ein Gutachten?
Welche Unterlagen werden für ein Gutachten benötigt?
Ohne Kenntnis des jeweiligen Falls lassen sich nur schwerlich Aussagen über die notwendigen Untersuchungen machen. Grundsätzlich sind für eine Untersuchung die strittigen Dokumente im Original sowie ausreichend Vergleichsmaterial notwendig. Art und Umfang des benötigten Vergleichsmaterials kann hierbei selbst bei ähnlichen Fällen sehr unterschiedlich ausfallen. Als Orientierung sollten bei einer Unterschriftsprüfung 15 bis 20 Vergleichsunterschriften vorgelegt werden, die möglichst eng um den Zeitraum der fraglichen Unterschrift streuen sollten (maximal zwei Jahre davor und danach). Bei Textschriften (z.B. Testamenten) sollten mehrere Seiten Handgeschriebenes in die Untersuchung aufgenommen werden. Eine Hilfestellung, wie und wo Sie ggf. Vergleichsmaterial beschaffen können liefert Ihnen mein Leitfaden. Im Rahmen einer unverbindlichen und kostenfreien Vorprüfung ist es möglich das bestehende Material zu sichten, eventuell bestehenden Bedarf an weiterem Material zu klären und ihnen den voraussichtlichen Kostenrahmen einer Untersuchung zu nennen.
Kann ich Unterlagen per Fax zur Begutachtung einreichen?
Untersuchen Sie ausschließlich Unterschriften und Handschriften?
Was versteht man unter „unbefangenem Schriftmaterial“ und „Ad-hoc-Schriftproben“?
Unbefangenes Schriftmaterial sind Schriftproben, die zu einem Zeitpunkt vor der eigentlichen (gerichtlichen) Auseinandersetzung, bzw. dem streitgegenständlichen Dokument entstanden sind. Unbefangen heisst, dass diese Schriftstücke vor Kenntnis über die Auseinandersetzung entstanden sind.
Ad-hoc-Schriftproben sind solche, die spontan vom einem potentiell als Urheber der fraglichen Schreibleistung kommenden Schreiber geleistet werden. Diese Schriftproben werden gerne während des Gerichtsverfahrens durch das Gericht erhoben, oder seitens der Parteien zur Akte gereicht. Da sie während des laufenden Verfahrens erhoben werden, gelten sie nicht als unbefangen. Leider kommt es bei der Erhebung von Ad-hoc-Schriftproben immer wieder zu methodischen Fehlern, da kein Sachverständiger zugezogen wird. Siehe hierzu auch meinen Artikel im StrafrechtsReport „Beschaffung von Vergleichsmaterial von Schriftproben – häufige Fehler seitens der Organe der Rechtspflege„.
Fragen zur Gutachtenerstattung und der technischen Ausstattung
Über welche technische Ausstattung verfügen Sie?
- Stereomikroskop
- elektrostatisches Oberflächen-Untersuchungsgerät (ESDA)
- Video Spectral Comparator (VSC)
- Raman-Spektroskop
- in Kooperation mit einem externen Labor besteht Zugriff auf ein Raster-Elektronen-Mikroskop
- Ausstattung für die Befunddokumentation und digitale Bildbearbeitung (diverse hochauflösende Digitalkameras, Adobe Photoshop etc.)
Die Ausstattung entspricht den aktuellen Anforderungen an das Fachgebiet und vergleichbar mit den labortechnischen Einrichtungen der Landeskriminalämter und dem Bundeskriminalamt.
Können auch Kopien untersucht werden?
Als Vergleichsmaterial sind Kopien nur dann zulässig, wenn Sie ergänzend zu bestehenden Originalen herangezogen werden sollen. Dringende Vorsicht ist geboten, wenn ein Sachverständiger anhand von Kopien zu einem sicheren Ergebnis kommt, oder ohne vorherige kritische Prüfung des Sachverhaltes einer Untersuchung von Kopien zustimmt. Die Gesellschaft für Schriftvergleichung hat in ihrer Richtlinie 4.0 diesem Umstand Rechnung getragen, wenn sie festhält: „Ein Sachverständiger, der von dieser Vorgehensweise abweicht und eine substantielle, über die erste Wahrscheinlichkeitsstufe (i.S. einer „Tendenzaussage“) hinaus gehende Aussage in Richtung einer Urheberidentität vornimmt, überschätzt die Erkenntnismöglichkeiten bei der Begutachtung von Nicht-Originalen und handelt insofern fehlerhaft. (loc.cit. S.227).”
Kann auch das Alter einer Schreibleistung bestimmt werden?
Relative Altersbestimmung
Hierbei wird eine fragliche Schreibleistung anhand der Schreibentwicklung des Schreibers zeitlich eingeordnet. Grundvoraussetzung hierfür ist, dass ausreichend Vergleichsmaterial des Schreibers vorliegt, und in dem Untersuchungszeitraum eine gewisse Entwicklung der Handschrift zu diagnostizieren ist. In der Regel sind diejenigen Lebensabschnitte für eine relative Altersbestimmung geeignet, in der sich die Handschrift am stärksten verändern. Dies sind in der Regel die Phasen des Schrifterwerbes (bis zum jungen Erwachsenenalter), in verschiedenen Krankheitsphasen oder im hohen Lebensalter, wenn sich erste altersbedingte Abbauerscheinungen zeigen.
Absolute Altersbestimmung
Eine absolute Altersbestimmung ist nur bei relativ jungen Schriften möglich. Hierbei wird die fragliche Schreibleistung chemisch auf den Gehalt bestimmter Lösungsmittel untersucht. Schreibmittel die nicht älter als ein Jahr sind lassen sich in der Regel noch sehr gut von älteren Schreibleistungen unterscheiden. Sind die fraglichen Proben deutlich älter, ist eine zuverlässige Altersbestimmung in der Regel nicht mehr möglich. In der Regel lassen sich so jedoch nachträglich rückdatierte Dokumente identifizieren.
Können Proben unterschiedlicher Schreibmittel miteinander verglichen werden?
Ist eine kurze Unterschrift für eine Schrifturheberbestimmung geeignet?
Fragen zu Gutachten-Formen, Aufbau und Inhalt
Was ist eine Plausibilitätsprüfung?
Was ist ein Zweitgutachten?
Ein Gutachten, welches von einer Partei in Eigenregie in Auftrag gegeben und in den Prozess eingebracht wird, stellt grundsätzlich zunächst nur „qualifizierten Parteivortrag“ dar, und ist nicht automatisch ein Zweitgutachten. Es kann jedoch vom Gericht als ein solches anerkannt werden.
Was ist ein Obergutachten?
Wie sicher sind die Ergebnisse von Schriftgutachten?
Die subjektiven Wahrscheinlichkeitsaussagen von Sachverständigen entsprechen dabei folgenden numerischen Wahrscheinlichkeiten:
- non liquet oder indiffernte Wahrscheinlichkeit: 50%
- mit leicht überwiegender Wahrscheinlichkeit: 75%
- mit überwiegender Wahrscheinlichkeit: 90%
- mit hoher Wahrscheinlichkeit: 95%
- mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit: 99%
- mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit: 99,99%
Quelle: Probabilistische Schlussfolgerungen in Schriftgutachten, 2004, Norbert Köller, Kai Nissen, Michael Rieß, Erwin Sadorf, ISBN 3-472-05857-9
Was ist der Unterschied zwischen einem Gerichtsgutachten und einem Privatgutachten?
Laut BGH Rechtsprechung hat sich das Gericht auch mit Privatgutachten auseinanderzusetzen, auch wenn diese zunächst „nur“ als qualifizierter Parteivortrag gelten. Bestehen also Zweifel an der Sachkunde und oder Ergebnis eines Gerichtsgutachtens, ist es durchaus sinnvoll ein zusätzliches Privatgutachten einzuholen.